Für das Begrüßen gilt immer noch, der Dame wird zuerst die Hand gegeben. Es sei denn, man trifft auf eine größere Gruppe. Dann wird der Reihe nach die Hand gegeben. Oder man begegnet sich im beruflichen Kontext. Dann wiederum begrüßt man die Menschen der Rangordnung nach.

Es sind die sogenannten Knigge-Regeln die uns in den verschiedenen Situationen im Alltag eine Sicherheit für unsere Verhaltensweisen geben sollen. Sie zeigen uns, welche Verhaltensweisen besser und richtiger in den verschiedenen Momenten sind. Solche Knigge-Regeln gibt es mehr oder minder auch für das Auftreten eines Liturgen 😉

In den vergangenen zwei Wochen hatte ich im Predigerseminar das Thema Homiletik, d.h. es wurde sich mit den verschiedenen Bausteinen des Gottesdienstes und der Predigt beschäftigt. Eine Tageseinheit befasste sich mit der Liturgischen Präsenz im Gottesdienst. Konkret wurde hierbei an einem eigenen liturgischen Entwurf gearbeitet, den man im Gottesdienst bereits verwendet hatte. Nach Durchspielen der Liturgie zog der Dozent sinnbildlich den liturgischen Knigge aus der Tasche und der eigene Entwurf wurde reflektiert. So gab es die ein oder andere Stelle, wo mich der liturgische Knigge überführte.

Grundsätzlich gilt für den Liturgen, seine Worte und Bewegungen so zu wählen, dass sie vom Gottesdienstgeschehen nicht ablenken sondern es vielmehr unterstützen. Allein wie man den Altarraum betritt und sich in ihm bewegt, ist eine Kunst für sich. Mit ruhigen Schritt geht man ohne Um- und Abschweife zu seinem Platz. Bei diesem Gang werden nicht Sachen parallel erledigt, wie das Aufschlagen des eigenen Buches. Nein, es gilt: Eins nach dem anderen. Erst hingehen. Sich hinstellen, aufrichten, durchatmen, Kontakt aufnehmen und dann das Buch öffnen.

Beim Stand ist es wichtig, die Knie nicht durchgedrückt zu haben, sondern etwas gebeugt, damit man nicht allzu stramm steht. Beim freien Erzählen sollte man ruhig mit den Händen ein wenig gestikulieren, sonst trampelt man auf der Stelle oder wackelt mit dem Kopf, weil die Energie irgendwohin entweichen will.

Nach dem Wochenspruch kommt es zur Begrüßung und Einstimmung. Bei der Begrüßung wurde ich gleich an zwei Stellen ertappt. Wenn man eine Begrüßung vornimmt, sollte man sie auch wirklich machen und nicht nur darüber reden. So haben sich bei mir solche Sprachfloskeln wie: „Ich möchte Sie begrüßen…“ oder „Ich heiße Sie Willkommen…“ eingeschlichen. Viel besser ist das direkte „Herzlich Willkommen zu unserem Gottesdienst!“ Zudem neige ich in meiner Begrüßung immer zur doppelten Anrede, nämlich „Ich begrüße Sie und Euch….“. Diese doppelte Anrede kann man sich sparen, denn sie vermittelt eine Unterscheidung zwischen den Gottesdienstbesuchern. In dem Fall ist es besser sich auf eine Anrede zu beschränken und zwar auf diejenige, die in der Gemeinde typisch ist. Im Anschluss sollte sich die Einstimmung nicht zur Mini-Predigt aufschwingen, sondern geradlinig zum Thema des Gottesdienstes und der Predigt führen.

Viel Übung erfordert schließlich auch der Segen. Die Haltung beim Segen kann je nach Ausführung Unterschiedliches ausdrücken. Von „Bitte nicht schießen!“, „ Achtung, Köpper!“ und „Ich will euch alle in meine Arme schließen!“ ist alles dabei. Darum ist es gut eine ähnliche Haltung einzunehmen, wie bei den einzelnen Segenshandlungen gegenüber Konfirmanden oder Hochzeitspaaren. Auch sollte der Segen nicht einfach herunter gerattert werden, sondern in aller Ruhe den Menschen zugesprochen werden. Hierbei sollte die ganze Gemeinde in den Blick genommen werden. Aber nicht indem man den Kopf langsam im Halbkreis dreht, sondern jeweils eine der drei Zusagen vom klassischen Segen in eine Richtung spricht.

Dies war nun nur ein kleiner Ausschnitt, denn es gibt viele weitere liturgische Knigge-Regeln. Manches von dem ist aus meiner Sicht etwas überzogen, aber vieles kann einem Sicherheit geben und das Geschehen im Gottesdienst unterstützen. Und dass sich nicht alles auf einmal natürlich anfühlt, versteht sich von selbst.

Ein Beitrag von Vikar Andreas Hoenemann

So langsam möchte ich wieder den alltäglichen „Wahnsinn“ erleben. Ich möchte wieder meine Zeit exakt einteilen, die vielen Termine strukturieren, viele Stunden außer Haus sein, manchmal nicht „wissen wo mein Kopf steht“ und am Abend erschöpft auf den Sessel fallen. Langsam fehlt mir die „gute, alte Zeit“. Nicht, weil sie so viel besser oder „gut“ war, sondern weil ich mich mit Menschen austauschen, unterhalten, lachen, diskutieren und streiten konnte. Ich konnte mich, trotz meinem vollen Terminkalender, mit einer Freundin in das Café setzen und für eine halbe oder dreiviertel Stunde einfach unterhalten, ohne Maske und Abstand. Ich konnte einen Termin beim Arzt machen, ohne draußen in der Kälte zu warten. Ich konnte den Friseurtermin genießen und mich einige Zeit verwöhnen lassen. Und wenn ich Lust hatte, konnte ich einfach mal einen Blickwechsel vornehmen und shoppen fahren, einfach so. Heute undenkbar! Es fehlt mir! Mir fehlen die Gespräche mit den Mitarbeitern, das intensive Vorbereiten auf ein Projekt, das Händeschütteln, die Umarmung und das Zusammensein. Es fehlt das lustige Miteinander, das Ringen um Kompromisse und die Freude, wenn etwas gelungen ist. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf! Ich werde und will mich nicht mit dem „Ist“-Zustand zufriedengeben. Ich hoffe und bete, dass die alten Zeiten der gemeinsamen Taten und Tage wieder kommen. Ich freue mich auf die erste Umarmung, die erste Urlaubsreise nach den Einschränkungen und auf die Freiheit, das zu tun, was ich gern möchte. Doch ich mache mir nichts vor, es wird nicht mehr so sein wie vorher. Einiges ist auf der Strecke geblieben, jedoch hat anderes für mich an Bedeutung gewonnen. Freundschaft, Zusammensein, Feste feiern, gemeinsam zu arbeiten, Glauben und diesen gemeinsam zu leben, sind plötzlich Schätze, die ich vorher nicht als diese erkannt habe. Gott hat sie mir schon immer geschenkt, aber als wertvoll, habe ich sie jetzt erst erkannt.

Gemeindepädagogin Kerstin Sensenschmidt

Ein Hit aus den 80ern von Klaus Lage mit einer Refrainzeile: „1000 mal berührt, 1000 mal ist nichts passiert, 1000 und eine Nacht und es hat ZOOM gemacht.“ Ich fühle mich in diesen Monaten daran erinnert. Gefühlte 1000 ZOOM Treffen. Wirklich sind es nicht so viele. Mit den Konfis, mit dem Team Abendkirche, mit allen Hauptamtlichen im Dienstgepräch, als digitale Kreissynode und Presbyteriumsitzung, zur Planung des Campfire Jugendgottesdienstes und einige mehr. Der Vorteil: Man sieht sich zumindest per ZOOM am Bildschirm. Berühren geht da nicht. Dennoch passiert einiges. Interaktiv. Gemeinsam. Im Gespräch mit Mimik und eingeschränkter Gestik. Ich bekomme Einblicke in Arbeitszimmer, echte oder künstliche Hintergründe. Der ZOOM Stil prägt Kirche und Gemeinde. Es hat ZOOM gemacht. Der Nachteil: Ich will mich daran nicht als einzige Möglichkeit einer zwischenmenschlichen Begegnung gewöhnen. Jeder sitzt irgendwo zu Hause. Ich habe keine direkte Beziehung zum anderen. Die Atmosphäre eines Raumes mit Tisch, Stuhl, Licht, Geruch und Stil fehlt. Die ZOOMania ist aktuell weit verbreitet. Ganze Wochen werden getaktet. Ehrenamtliche der Gemeinde, im Homeoffice mit Kindern im Homeschooling sind nicht wirklich immer entspannt. Schule, Uni, Beruf – alles per ZOOM oder andere digitale Kommunikationsplattformen. Ich selbst manchmal in der direkten Begegnung mit Menschen. Auf Abstand. Mit Maske. Trauergespräch per ZOOM aus meiner Erfahrung nicht möglich. Der Lichtblick am letzten Sonntag Nachmittag: ZOOM Treffen mit den Enkelinnen 3 und 1 Jahr alt. Beide schon sehr versiert im Umgang mit dem Medium. Plötzlich ist Nähe trotz Distanz da. Wir singen, lachen, machen Quatsch, lesen eine Bilderbuchgeschichte. Es liegen Chancen in der digitalen Vernetzung auch in Kirche und Gemeinde. Diese will ich nutzen. Auch in Zukunft, wenn Berührungen wieder selbstverständlich sind. Ob es noch 1000 und eine Nacht dauern wird, hoffe ich nicht.

Ein Beitrag von Vikar Andreas Hoenemann

Aufwachen und Aufstehen – Das sind bei mir zwei verschiedene Paar Schuh. Es kann eine ganze Weile dauern, bis ich meinen trägen Körper aus dem Bett bequeme. Einen kräftigen Schub in diesem allmorgendlichen Prozess gibt mir meine innere To-Do Liste, die mir die notwendigen Erledigungen des Tages aufzeigt. Bevor ich mich schließlich an die Arbeit mache, nehme ich mir ein wenig Zeit, um im Gebet und im Bibellesen bewusst mit Gott in den Tag zu starten. Doch in letzter Zeit fiel es mir immer schwerer, vor Gott zur Ruhe zukommen. Während dieser Zeit drehten sich nämlich viele Gedanken und Gefühle um Aufgaben und Sorgen des Alltags. Im weiteren Verlauf schoss mir zusätzlich all möglicher Nonsens durch den Kopf. Dementsprechend frustriert war ich am Ende, weil sich die Stille Zeit ziemlich vergeudet anfühlte. Denn durch die Zerstreutheit meines Herzen leierte ich letztlich die Gebete lustlos und kalt herunter.

Diese Zerstreutheit des Herzen macht nach Luther die ganze Zeit mit Gott madig, denn durch die Zerstreutheit des Herzens bleiben wir im Gebet bei uns selber und treten nicht in Kontakt mit Gott. In einem Brief an den Barbier Peter Beskendorf schreibt er, was einem im Angesicht dieser Zerstreutheit eine Hilfe sein kann. Um die Gedanken und Gefühle des eigenen Herzens auf Gott ausrichten, muss zunächst das Herz „erwärmt“ werden. Erst wenn das Herz erwärmt ist, können wir offen und aufrichtig vor Gott uns aussprechen. Nun fragt man sich, wie sieht ein solches „Erwärmen“ des Herzens aus? Eine Möglichkeit, das Herz zu erwärmen, besteht nach Luther in der Bibelmeditation, d.h. ich nehme mir einen Bibelvers und sinne über ihn eine Zeitlang nach. Und wie sieht wiederum dieses Nachsinnen über einen Bibelvers aus? Auch hier gibt uns Luther eine klarer Anleitung. Er verdeutlicht die Bibelmeditation an dem Bild eines Kranzes. Wenn ich einen Kranz drehe, gilt meine ungeteilte Aufmerksamkeit dieser Aufgabe. Ich nehme einen biegsamen Ast und drehe ihn zu einem Kreis. Danach flechte ich weitere Äste in das Grundgerüst mit hinein. Diese Vorgehensweise überträgt Luther auf das Nachsinnen eines Bibelverses. Wir sollen einen Vers sinnbildlich zu einem „vierfachen Kränzlein“ drehen, d.h. wir sollen einen Vers aus viererlei Weisen betrachten.

Bevor wir aber den Vers aus viererlei Weisen betrachten, sollen wir den Bibelvers für uns verinnerlichen, indem wir ihn mehrmals durchlesen. Danach beginnen wir unser „vierfaches Kränzlein“ zu drehen. Als Erstes betrachten wir den Vers als „Lehrbüchlein“, um in eigenen Worten eine Antwort für uns auf die Frage zu entdecken: „Was habe ich nach der Aussage des Textes zu glauben oder zu tun?“ Als Zweites betrachten wir den Vers als „Dankbüchlein“, indem wir uns die Frage stellen: „Wie kann ich Gott aufgrund des Textes loben und danken?“ Beim dritten Durchlauf sehen wir im Vers ein „Beichtbüchlein“, dass uns auffordert, uns selbst zu fragen: „Was kann ich aufgrund des Textes Gott gegenüber bekennen?“ Und zuletzt nähern wir uns dem Vers als ein „Betbüchlein“ an: „Worum kann ich Gott in Anbetracht des Verses bitten?“

Dieses Nachsinnen über Gottes Wort kann unser Herz erwärmen, sodass unsere Gefühle und Gedanken auf Gott ausgerichtet sind. Die Bibelmeditation zwingt uns zudem dazu, von dem bloßen Wissen zur Praxis überzugehen und uns zu fragen, was diese biblische Wahrheit, die wir da lesen, mit uns machen will, für was wir Gott danken sollen, wo wir uns ändern müssen, was für Schritte wir in unserem Alltag tun sollen.

Ich lade euch ein, dieses „vierfache Kränzlein“ für sich vor dem Einschlafen einmal auszuprobieren. Nehmt euch dafür zum Beispiel den Bibelvers der heutigen Losung oder eines der zehn Gebote und geht an ihm die einzelnen Schritte des „Vierfachen Kränzlein“ entlang, bevor ihr abschließend im freien Gebet Gott erzählt, was am Tag gewesen ist und was euch bewegt hat.

Ein Beitrag von Vikar Andreas Hoenemann

Nachdem ich mich von meinem Patenonkel verabschiedet hatte, wartete ich vor dem Fahrstuhl. Von der Seite hörte ich eine zierliche Stimme „Hallo“ rufen. Ich schaute nach links und sah wie eine ältere Dame langsam mir tippelnd den langen Flur entgegen schritt und schließlich keuchend ihren Gruß wiederholte, woraufhin auch ich sie grüßte. Während sie mir näher kam, sprach sie: „Ich bin ganz außer mir!“ Was meinte sie? War ihr etwas zugestoßen? Als sie schließlich neben mir stand, sah ich ihre gläsernen Augen. In einem trägen Ton fragte sie mich: „Guten Tag, mit wem habe ich das Vergnügen?“ Daraufhin stellte ich mich ihr gegenüber vor. Sie hielt kurz inne und seufzte anschließend: „Was geht hier vor sich!“ Ich war verdattert: „ Entschuldigung, ich verstehe nicht? Was meinen sie?“ „Hier bei mir und bei dieser Umgebung?“ meldete sie mir zurück. Die Frau schien verwirrt zu sein. So sagte ich ihr, was sie eigentlich selbst wissen sollte: „Sie sind hier im Alten- und Pflegeheim der Diakonie!“ Sie bekam große Augen und wiederholte langsam meine letzten Worte: „Alten- und Pflegeheim?“ Diese Information schien sie zu erschüttern, sodass sie fortfuhr: „Was mach ich hier denn bloß? Darauf kann ich verzichten. Ich gehe jetzt gleich nach Hause.“ Ich sah sie verdutzt an und wusste nicht, was ich ihr entgegnen sollte. Schließlich senkte Sie ihren Kopf und schlürfte aufgewühlt und flüsternd den Flur weiter aufwärts. Verwirrt blieb ich wartend von dem Fahrstuhl zurück.

Tatsächlich habe ich diese Geschichte erfunden, und dennoch ist sie so nah an der Realität dran, dass ich jederzeit in eine ähnliche Situation hineingeraten könnte. Wie gut, wenn man sich im Vorhinein ein paar Gedanken dazu gemacht hat. So bin ich dankbar, in der vergangenen Woche im Predigerseminar eine Einheit über das Thema „Umgang mit Demenzerkrankten“ gehabt zu haben. Sonst würde ich wahrscheinlich genauso verwirrt reagieren, wie ich es in der fiktiven Szene darstellt habe.

Mit Demenz verbindet man insbesondere die Beeinträchtigung von kognitiven Fähigkeiten. So kann es wie im Beispiel unter anderem zu einer zeitlichen, örtlichen, situativen und personellen Desorientierung kommen. Während die kognitive Fähigkeiten nachlassen, bleibt die Gefühlswelt in der Demenz nahezu unbeeinträchtigt erhalten.

Durch die kognitive Verzerrung der Wirklichkeit verspüren die Demenzerkrankten in vielen Momenten ein Unsicherheitsgefühl und Stress. Falls Sie sich mit ihren verzerrten Wahrnehmungen anderen anvertrauen, erscheint es naheliegend, dass man sie in ihrer Wahrnehmung korrigiert. Allerdings fühlen sich Demenzerkrankte in Zuge von Korrektur nicht verstanden, sodass ihr Selbstwertgefühl abnimmt und sie sich innerlich immer stärker zurückziehen.

Stattdessen wird im Umgang mit Demenzerkrankten auf die Methode der Validation nach Noami Feil verwiesen. Dieser Ansatz rückt in den Mittelpunkt eine wertschätzende Haltung gegenüber dem Demenzerkrankten, die darin besteht, dass ich mich auf den Gedankengang des Demenzerkrankten einlasse, ohne zu korrigieren. Durch die wertschätzende Haltung, die der Demenzerkrankte erfährt, fühlt er sich verstanden, sodass im vertrauten Verhältnis der innerliche Stress und die Unsicherheitsgefühle abnehmen und gemeinsam der dahinterstehenden emotionalen Befindlichkeit nachgegangen werden kann.

Um diese wertschätzende Haltung dem Demenzerkrankten zu zeigen, sind folgende verbale und nonverbale Regeln hilfreich. Wichtige nonverbale Regeln, um wirklich in Kontakt mit dem Gegenüber zu treten, sind: Ich nehme wirklich Augenkontakt auf und lasse meine Anwesenheit spürbar werden, indem ich seine Hand ergreife oder die eigene Hand auf seine Schulte lege. Verbal ist es wichtig, den Demenzerkrankten im ruhigen Ton anzureden, einfache Sätze zu sprechen, seine Worte zu spiegeln und durch offene Fragen die Gefühlslage der Person zu begleiten.

Dies alles kann helfen, den Menschen in seiner emotionalen Aufgewühltheit zu beruhigen, indem man Verständnis und Sicherheit dem Gegenüber gibt.

Falls ich also jemals mit der Frau vom Anfang zusammentreffen sollte, so hoffe ich sehr, dass sie bei mir keine Verwirrung, sondern vielmehr eine wertschätzende Haltung verspüren kann.

Es war einmal…so beginnen Märchen und oft in Corona-Zeit mein Arbeitsalltag. Kaum durchdacht, geplant und schon wieder wird alles zunichte gemacht, so wie die Aktion: Laterne basteln mit anschließendem Umzug. Alles war vorbereitet. Alle freuten sich, die Kinder, die Mitarbeiter und auch ich auf ein wenig Normalität, auf ein wenig gemeinsame Zeit, um miteinander zu reden und zu lachen, wenn auch nur in 10er Bezugsgruppen, aber egal, Hauptsache es geschieht etwas, es geht voran. Und dann – es war einmal. Die Gemeindehäuser bleiben geschlossen und die Aktion wird abgesagt. Trauerstimmung? Frust? Von wegen, nicht mit uns. Auch wenn wieder einmal alles anders ist, es geht weiter. Eine neue Idee wird entwickelt, eine „Laterne to go“. Material zum Laternenbau, ein Trinkpäckchen und eine Brezel zur Stärkung, hübsch verpackt in geschenkten Edeka-Tüten und alles zum Mitnehmen, eben „to go“. Und dann war es soweit. Kleine, große, junge und ältere Kinder, Väter, Mütter, Eltern, sie haben sich auf den Weg zum Gemeindehaus der Christuskirche gemacht, um die gepackten Tüten im Empfang zu nehmen, meist mit einem Lächeln, einen Dankeschön oder einem freudigen Winken beim Gehen. 27 Kinder hatten Lust auf „ihre“ Laterne und als wir Mitarbeiter uns endlich auf den Weg nach Hause machten, trafen die ersten Bilder der gebastelten Laternen ein, wie schön! Ja, es war wieder einmal alles anders, aber nicht schlechter. 

Gemeindepädagogin Kerstin Sensenschmidt

Gestern zwei Termine. Beim Hausarzt, der jährliche Gesundheitscheck ab 50. Beim Frisör, es war mal wieder Zeit. Man kommt ins Plaudern. Der Mediziner ist skeptisch, ob der sogenannte Teillockdown Sinn macht. Ich werde hellhörig. Medzinisch, wissenschaftlich gebildet, dann ein Bekenntnis. Es muss irgendwas geben. Einen Gott. Der Mensch stößt an Grenzen. Gott ist grenzenlos. Aber das wäre ja mein Metier, so der Arzt. Er beobachtet eine Überheblichkeit der Menschen. Sich dem Tod irgendwie mit einer Illusion entziehen zu können. Danach zu Haarkosmetik. Eine ältere Frau aus der Gemeinde sitzt unter der Haube. Blättert in einer typischen Frisörzeitung für Damen. Bemerkt mich nicht. Wie auch hinter der Maske. Der Frisör, ein junger Mann, beschreibt die Zurückhaltung der Menschen. Abgesagte Termine. Kaum noch neue Termine. So fliegen seine Hände, nach einer ausführlichen Schnittberatung, über meinen Kopf. Einen nahen Verwandten hat er durch Covid 19 an den Tod verloren. Ansonsten ist er auf der Gedankenlinie meines Hausarztes. Vieles an Entscheidungen ist nicht logisch. Seine Beschreibung geht in Richtung politischen Aktionismus, gepaart mit Angst und Panik. Bei beiden Männern höre ich die Fragen, die Zweifel, den Frust und Ärger heraus. Mit beiden bleibe ich im Austausch. Als Pfarrer, als Mensch, als Patient und Mann mit einer gesunden Eitelkeit. Ich merke, dass diese Zeiten extreme Herausforderungen mit sich bringen. Gott sei Dank sind wir damit nicht alleine!

Ein Beitrag von Vikar Andreas Hoenemann

Zu meiner Ausbildung zum Pfarrer gehören nicht nur die Praxisphasen innerhalb der Gemeinde, sondern auch Theoriephasen im Predigerseminar, in denen ich die Praxis reflektieren kann. Meine letzte Seminarwoche drehte sich um den Bereich „Gemeindepädagogik“. In ihr wurde selbstverständlich auch das Thema „Kindergottesdienst“ angeschnitten, bei welchem mich insbesondere die Einheit zu „Erzählmethoden“ begeisterte. Es ist schon erstaunlich auf wie viele einfache Arten und Weisen man Geschichten veranschaulichen kann: Erzählen mit Körperbewegungen, Bauklötzen, Kerzen, Handpuppen, Fußsohlen, Sprechzeichen usw. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Landläufige Meinungen würden wahrscheinlich sagen: „Noch ein bisschen Praxisübung und das Zertifikat zum Märchenonkel ist dir sicher. Die Kinder wird es freuen!“ Geschichten werden in unserer Gesellschaft oft belächelt und aus meiner Sicht unterschätzt. Sie seien Kindersache, da sie vor allem der Unterhaltung dienen und nur einfache Prinzipien vermitteln würden. Und darum sei derjenige, der sie erzählt, der nette Märchenonkel. Aber stimmt das eigentlich?

Wenn wir in Bibel schauen, erkennen wir, dass Jesus Geschichten einen hohen Stellenwert einräumt. Geschichten sind nach ihm nicht nur etwas für Kinder, sondern auch für Erwachsene. So beantwortet Jesus viele Fragen, die ihm gestellt werden, mithilfe einer Geschichte. Zum Beispiel kam einmal ein Gesetzeslehrer auf Jesus zu und wollte wissen, wer sein Mitmensch sei, den er nach dem höchsten Gebot, zu lieben habe. M.a.W.: Wem soll er sich mit seiner Zeit und Kraft zuwenden?“ Diese Frage hätte Jesus mit einem kurzen, abstrakten Prinzip entgegnen können: „Schenke dem Menschen deine Zeit und Kraft, die deine Zeit und Kraft brauchen.“ Ich vermute dieses Prinzip hätte dem Gesetzeslehrer eingeleuchtet und er hätte es für „wahr“ erachtet. Allerdings würde dies noch lange nicht heißen, dass das Prinzip für ihn auch „real“ ist, sodass er nach diesem Prinzip lebt. D.h. man kann Sätze und Lehren des christlichen Glaubens bejahen, ohne dadurch in seinem Leben verändert zu werden. Schlichtweg sind in diesem Fall diese Sätze und Lehren nicht in „Fleisch und Blut“ eingedrungen.

Und an dieser Stelle gibt eine Geschichte gegenüber einem logischen Prinzip vielmehr her. Verfolgen wir hierfür die Spur von Jesus einmal weiter. Er klärt den Gesetzeslehrer also nicht anhand eines kurzen Prinzips auf, sondern mithilfe einer Geschichte. In der Geschichte geht es um einen Mann, der auf dem Weg nach Jericho von Räubern ausgeplündert, zusammengeschlagen und halbtot in den Bergen liegen gelassen wird. Derart zugerichtet, hofft der Mann auf Hilfe. Und tatsächlich seine Gebete werden erhöht, da kommt ein Priester zwischen der Felskluft hervor. Rettung ist nahe. Doch der Priester wendet sich nach einem flüchtigen Blick vom Verletzten wieder ab und zieht eilends weiter. Hilfe ade. Diese enttäuschte Hoffnung muss der Mann ein weiteres Mal durchleben, als ein Tempeldiener ihn ebenfalls sieht und anschließend so tut, als hätte er ihn nicht gesehen. So wird er hoffnungslos zurückgelassen. Daraufhin sieht er einen weiteren Schatten durch die Felskluft in seine Richtung kommend. Vielleicht ist mir jetzt Rettung nahe. Aber bei näherer Betrachtung erkennt er, dass es sich um einen Samaritaner, einer aus dem verhassten Nachbarvolk, handelt. Von dem hat er keine Hilfe zu erwarten. Doch es kommt anders! Der Samaritaner sieht den Verletzten nicht nur, sondern er wendet sich ihm zu, versorgt ihn vorsorglich und bringt den Mann zur nächsten Herberge, damit er dort wieder gesunden kann.

Inwiefern kann nun diese Geschichte von Jesus dem Gesetzeslehrer dazu verhelfen, dass das Prinzip: „Schenke dem Menschen deine Zeit und Kraft, die deine Zeit und Kraft brauchen“ ihm nicht nur „wahr“ sondern „real“ erscheint? Indem die Geschichte das Prinzip lebendig werden lässt. Der Gesetzeslehrer durchlebt die Situation der Hauptfigur. Er kann dessen Schmerz der Ohnmacht und verzweifelnde Sehnsucht nach Hilfe nachempfinden, da er diese Gefühlsregungen aus der eigenen Lebensbiographie kennt. Im Hören werden diese Gefühlsregungen wieder geweckt, sodass er nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen hört. Und dieses doppelte Hören kann das Prinzip „real“ werden lassen, sodass Veränderung im Leben einkehren kann. Eine Veränderung, die in verschiedenen Situationen nicht die ahnungslose Frage: „Wer ist mein Mitmensch?“, sondern mit Kopf und Herz die umsichtige Frage stellt: „Für wen kann ich zum Mitmenschen werden?“.

Nur mal eben eine Runde um den Block drehen. Eine Geburtstagskarte zum 50. einwerfen. Wie lang die Runde wird. Nicht in Kilometern, sondern in Begegnungen. Menschen auf der Straße. Kinder am Spielplatz. Jemand auf der Terasse. Aus dem PKW heraus mit heruntergekurbelter Scheibe. Seelsorge ganz anders. Unterwegs. To go. Ein Gespräch. Zuhören. Ein Mensch öffnet sich. Lange mit keinem mehr von Gesicht zu Gesicht gesprochen. Alles auf Abstand. Die Karte landet im Briefkasten. Rückweg antreten. Wieder Menschen sehen. Nicht ausweichen. Begegnung zwischen Pastor und einem „Schäfchen“. Das „Schäfchen“ gibt dem Pastor was mit auf den Weg. Kontrovers, nachdenklich, nach vorne schauen. Wie oft dreht Gott höchstpersönlich mal eben eine Runde um den Block? Wen er da alles trifft? Und sich dann auch Zeit nimmt. Wunderbar. Großartig an diesen heißen Tagen im Juni. Der Sommer kommt mit Riesenschritten.

Ein Beitrag von Vikar Andreas Hoenemann

Lässig kutschierte ich mein Fahrrad einhändig durch die enge Gasse einer Waldpassage, als plötzlich mir eine querliegende Wurzelader ein Bein stellte. „Schwups“ sauste ich über meinen Lenker, mit der Nase voran, in den Staub. Mir selber ging es gut, aber der hintere Fahrradreifen hatte einen Schlag abbekommen, sodass er nun eierte. Also ins Auto mit dem Patienten und ab zum FahrradDoc. Beim Vorbeifahren am Fahrradladen standen bereits einige Leute davor, die aber scheinbar auf den Bus warteten.
Denkste! Als ich mich mit meinem Fahrrad dem Geschäft näherte, bemerkte ich, dass es sich tatsächlich um die Schlange vor dem Geschäft handelte. Sieben Personen standen vor der Eingangstür. Nach 15 Minuten waren es immer noch sechs. Als ich schließlich fast an der Reihe war, da meinte einer des Zweier-Fahrradgespanns vor mir: „ Du guck mal! Für die Reparaturannahme unseres Fahrrades, steht hier auf der Eingangstür, müssen wir links um die Ecke.“ Und so dackelte ich den Beiden hinterher.
Mist, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich reihte mich also wieder einer fünfköpfigen Schlange an, nachdem ich bereits eine Stunde gewartet hatte. Am Schluss waren es insgesamt 2 ½ Stunden die ich mit Warten verbrachte. Allerdings mit dem Ergebnis, dass mein Rad wieder fahrtüchtig war.

Diese Geschichte ist ein banales und dennoch sinnbildliches Beispiel für die momentane Situation. Oft ist zur Zeit an vielen Stellen Geduld von uns gefordert, von denen wir es bisher nicht kannten. Kurzzeitige Geduld bei Einkäufen oder Reparaturen. Langzeitige Geduld in Hinsicht auf das Erleben von Familienfeiern, Gruppen und Veranstaltungen. Diese kurzund langzeitige Geduld verlangt von uns ein passives Abwarten, aber auch ein aktives Erwarten.

So müssen wir häufiger, wie in der Schlange vor dem Fahrradladen, zur Zeit die Füße stillhalten und warten bis sich vor uns ein Freiraum ergibt. Diesen Freiraum gilt es zu nutzen, um einen weiteren Schritt im Leben nach vorne zu gehen. In diesem Balanceakt zwischen passiven Abwarten und aktiven Erwarten braucht es einen guten Leiter. Dieser guter Leiter will Gott uns sein. Auf ihn gilt es geduldig so hören, um im Leben Schritte in die richtige Richtung zu setzen.

So heißt es im Hebräer 10,36: „Was ihr jetzt braucht, ist Geduld. Tut, was Gott will. Dann werdet ihr erhalten, was er versprochen hat.“

Darum möchte ich uns ermutigen, Gott für uns persönlich und für unsere Kirchengemeinde um diese Geduld zu bitten, damit wir einerseits in Besonnenheit abwarten und zugleich Freiräume für neue Lebensschritte erwarten.