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Ein Beitrag von Marion Jeßegus

„Wie lieblich ist der Maien…!“ Ausgebremst durch die Umstände der Zeit habe ich in diesen Tagen so intensiv wie kaum in einem anderen Jahr das Wunder der Schöpfung in unserer so vielfältig bedrohten Natur wahrgenommen. Klar, wenn man wie wir dort wohnt, wo Fuchs und Hase, Wildschwein und Reh sich nicht nur „gute Nacht“ sagen, lebt man „mittendrin“ und kann es kaum übersehen: die Obstbäume und momentan der Weißdorn schwelgen in überschäumender Blütenfülle, die Bäume haben nicht nur ausgeschlagen, wie ein bekanntes Mailied singt, nein, sie sind förmlich explodiert durch den wohltuenden ersehnten Regen und strotzen in knallig- frischem Grün, der Garten bringt täglich neue Blütenwunder hervor… Ich sitze in der strahlenden, fast frühsommerlichen Maisonne, höre einmal nicht die stündlichen Meldungen, Korrekturen der Statistiken, neue Verordnungen…, sondern das lärmende Spatzenvölkchen, das in der Dachrinne kramt und krakeelt und an vielen Stellen unter unserem Dach sein Jungvolk unermüdlich mit Futter versorgt, und denke:“…seid ihr nicht viel mehr als sie?“ 

Ich nehme mein Gesangbuch zur Hand, in mir klingt ein Lied (EG 501), das mehr als vierhundert Jahre alt ist, sein Text aktuell wie der schöne Maientag heute. Seine Melodie ist noch älter, ein altes Liebeslied aus der Renaissancezeit, das bis heute seinen fröhlichen Schwung nicht verloren hat, das in den schweren Zeiten nach dem 2. Weltkrieg eine Frau bewegte, diesem Freudentanz einen neuen Text zu geben, für den sie sich Worte des 104. Psalms lieh: „Auf, Seele, Gott zu loben…“  

Mein Herz singt in diesen Tagen ganz bewusst dieses alte Lied, das immer wieder neu ist und meinen Blick auch in dieser merkwürdigen Zeit weiten kann :
 
„Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt,
des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht.   
Die Tier‘ sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid, 
die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud. 

Herr, dir sei Lob und Ehre für solche Gaben dein…“