Für das Begrüßen gilt immer noch, der Dame wird zuerst die Hand gegeben. Es sei denn, man trifft auf eine größere Gruppe. Dann wird der Reihe nach die Hand gegeben. Oder man begegnet sich im beruflichen Kontext. Dann wiederum begrüßt man die Menschen der Rangordnung nach.
Es sind die sogenannten Knigge-Regeln die uns in den verschiedenen Situationen im Alltag eine Sicherheit für unsere Verhaltensweisen geben sollen. Sie zeigen uns, welche Verhaltensweisen besser und richtiger in den verschiedenen Momenten sind. Solche Knigge-Regeln gibt es mehr oder minder auch für das Auftreten eines Liturgen 😉
In den vergangenen zwei Wochen hatte ich im Predigerseminar das Thema Homiletik, d.h. es wurde sich mit den verschiedenen Bausteinen des Gottesdienstes und der Predigt beschäftigt. Eine Tageseinheit befasste sich mit der Liturgischen Präsenz im Gottesdienst. Konkret wurde hierbei an einem eigenen liturgischen Entwurf gearbeitet, den man im Gottesdienst bereits verwendet hatte. Nach Durchspielen der Liturgie zog der Dozent sinnbildlich den liturgischen Knigge aus der Tasche und der eigene Entwurf wurde reflektiert. So gab es die ein oder andere Stelle, wo mich der liturgische Knigge überführte.
Grundsätzlich gilt für den Liturgen, seine Worte und Bewegungen so zu wählen, dass sie vom Gottesdienstgeschehen nicht ablenken sondern es vielmehr unterstützen. Allein wie man den Altarraum betritt und sich in ihm bewegt, ist eine Kunst für sich. Mit ruhigen Schritt geht man ohne Um- und Abschweife zu seinem Platz. Bei diesem Gang werden nicht Sachen parallel erledigt, wie das Aufschlagen des eigenen Buches. Nein, es gilt: Eins nach dem anderen. Erst hingehen. Sich hinstellen, aufrichten, durchatmen, Kontakt aufnehmen und dann das Buch öffnen.
Beim Stand ist es wichtig, die Knie nicht durchgedrückt zu haben, sondern etwas gebeugt, damit man nicht allzu stramm steht. Beim freien Erzählen sollte man ruhig mit den Händen ein wenig gestikulieren, sonst trampelt man auf der Stelle oder wackelt mit dem Kopf, weil die Energie irgendwohin entweichen will.
Nach dem Wochenspruch kommt es zur Begrüßung und Einstimmung. Bei der Begrüßung wurde ich gleich an zwei Stellen ertappt. Wenn man eine Begrüßung vornimmt, sollte man sie auch wirklich machen und nicht nur darüber reden. So haben sich bei mir solche Sprachfloskeln wie: „Ich möchte Sie begrüßen…“ oder „Ich heiße Sie Willkommen…“ eingeschlichen. Viel besser ist das direkte „Herzlich Willkommen zu unserem Gottesdienst!“ Zudem neige ich in meiner Begrüßung immer zur doppelten Anrede, nämlich „Ich begrüße Sie und Euch….“. Diese doppelte Anrede kann man sich sparen, denn sie vermittelt eine Unterscheidung zwischen den Gottesdienstbesuchern. In dem Fall ist es besser sich auf eine Anrede zu beschränken und zwar auf diejenige, die in der Gemeinde typisch ist. Im Anschluss sollte sich die Einstimmung nicht zur Mini-Predigt aufschwingen, sondern geradlinig zum Thema des Gottesdienstes und der Predigt führen.
Viel Übung erfordert schließlich auch der Segen. Die Haltung beim Segen kann je nach Ausführung Unterschiedliches ausdrücken. Von „Bitte nicht schießen!“, „ Achtung, Köpper!“ und „Ich will euch alle in meine Arme schließen!“ ist alles dabei. Darum ist es gut eine ähnliche Haltung einzunehmen, wie bei den einzelnen Segenshandlungen gegenüber Konfirmanden oder Hochzeitspaaren. Auch sollte der Segen nicht einfach herunter gerattert werden, sondern in aller Ruhe den Menschen zugesprochen werden. Hierbei sollte die ganze Gemeinde in den Blick genommen werden. Aber nicht indem man den Kopf langsam im Halbkreis dreht, sondern jeweils eine der drei Zusagen vom klassischen Segen in eine Richtung spricht.
Dies war nun nur ein kleiner Ausschnitt, denn es gibt viele weitere liturgische Knigge-Regeln. Manches von dem ist aus meiner Sicht etwas überzogen, aber vieles kann einem Sicherheit geben und das Geschehen im Gottesdienst unterstützen. Und dass sich nicht alles auf einmal natürlich anfühlt, versteht sich von selbst.
Ein Beitrag von Vikar Andreas Hoenemann
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